……oder wie ich endlich meinen Frieden mit der Stadt Weimar schloss.
Ein Grund sich unbedingt bei der Studienstiftung um ein Stipendium zu bemühen, sind die unzähligen Möglichkeiten der ideellen Förderungen, die im Anschluss zur Auswahl stehen. Ich finde es fast schade schon mit dem Studium fertig zu sein, weil ich nun weiß, dass das meine vorerst letzte Fortbildung dieser Art sein wird. Ich befinde mich seit ein paar Tagen in Weimar, um mich hier ausgiebig mit dem Thema „Selbstständig im Kulturbetrieb“ auseinander zu setzen. Die Gruppe besteht aus ungefähr 14 Studis ganz unterschiedlicher Fachrichtungen aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Größtenteils sind sie mit eigenen Projekten und Ideen unterschiedlicher Reifegrade angereist. Diese stellen wir in der Gruppe vor und klären direkt am Beispiel Problematiken, wie Sichtbarkeit, Kommunikation, Reichweite, Finanzierung, etc. Bisher unter meinem Strich: Anfangen! Machen! Kontakte!
Mein Projekt kommt erst morgen auf den Besprechungstisch, bzw. an die Tafel, aber ich habe im Laufe der Woche schon so einiges gelernt, was mir hoffentlich dabei hilft Schwachstellen auszugleichen. Es fällt mir auch schwer inhaltlich „komplex“(e) Sachverhalte in der Vermittlung/im Antrag nicht „kompliziert“werden zu lassen. Das ist eine echte Krux, wenn man Pioniersprojekte plant, die man in keinen Bezug zu bereits Bestehenden setzen kann und die nicht auf Referenzprojekten fußen.
Sozusagen im Zweitfach beschäftige ich mich mit „Promenadolgie, der Wissenschaft des Spazierengehens“. Spielerisch untersuchen wir -ebenfalls in einer Gruppe- die Wahrnehmung und Wirkung, das Erkennen bestehender Perspektiven und versuchen den Wechsel. Dafür haben wir uns performativ erst der Gruppe und im Anschluss der Stadt genähert. Ich arbeite hier so tatsächlich auch persönliche Traumata auf.
Für mich ist Weimar seit der Oberstufe die perfekte Stadt, um SchülerInnen mit einer Klassenfahrt dorthin zu strafen. Wunderschön ruhig, kullissenhafte Gässchen, Pferdekutschen und bis auf die flanierenden Scharen der Ü50-Touristen schier tot. Kein Ort vor Ort, der nicht irgendwie mit Goethe oder Schiller oder zumindest einem vorübergehend hier wohnhaften oder durchreisenden Literaturschaffenden in Verbindung zu bringen ist. Oder schon mal von einem erwähnt oder (nicht) angesehen wurde. Dazu Souvenirshops, die Schilder mit dem wahnwitzigem Spruch „Hier war Goethe nicht“ verkaufen. Im Grunde alles, was man als unternehmungslustiger Teenager nicht gebrauchen kann.
Die Stadt kann noch nicht mal was dafür, objektiv kann ich gar nicht meckern, weder über die Menschen, die mir vor Ort begegnen; noch nicht mal über das Wetter. Und doch- es gibt ihn -diesen wiederkehrenden Anflug von Ablehnung und diese innere Distanz.
Wir entwickeln hier mit dem Input der Gruppenleiter und Dozenten eigene Ideen. Ich habe versucht meine Perspektive auf die Stadt zu ändern und einen eigenen Stadtplan zu entwickeln, der die versteckten Ecken aufdeckt, die Weimar als Kulturdenkmal nicht nur sehenswert, sondern auch lebenswert macht.